Harald Kepler
1. Petra Haden „Petra Goes To The Movies“ (e):
A cappella der etwas anderen Art von der Dril-
lingstochter des Jazzbassisten Charlie Haden.
Atemberaubend!
2 . Phantom Limb „The Pines“ (f):
Da sich die ge-
mischtrassige Bristol-Band inzwischen aufgelöst
hat, ist das hier zugleich ihr Country-Soul-Ver-
mächtnis.
3 . Ayaka „Yu-on Club ~ist Grade~“:
J-Pop muss
keine gesichtslose Massenware im Plastiksound
sein, die Sängerin aus Osaka beweist das ganz
bezaubernd.
4 . Scott Matthew „Unlearned“:
Hinreißende Co-
verversionen des Wahl-New-Yorkers.
5 . KT Tunstall „Invisible Empire/Crescent
Moon“:
Aus einer persönlichen Krise hervorge-
gangenes Meisterwerk der Schottin.
6 . Yasmine Hamdan „Ya Nass“:
Die Libanesin
liefert den Soundtrack für die kriegsmüde Jugend
ihrer Heimat.
7 . Nataly Dawn „How I Knew Her“:
Nur durch
Crowdfunding wurde das religionskritische Album
der Pastorentochter möglich.
8 . Ölöf Arnalds „Sudden Elevation“:
Ätherisch-zarte Klänge aus Island.
9 . John Grant „Pale Green Ghosts“:
Allein schon
wegen der Gänsehautballade „GMF“ hat der poly-
glotte Amerikaner einen Spitzenplatz verdient.
10. Idan Raichel „Quarter To Six“:
Der sanftmü-
tige Friedensstifter aus Israel mit einem kleinen
Geniestreich.
Levin „Between The Lights“:
Levin Deger aus Rap-
perswil in der Schweiz lässt mit einem entzückenden
Folk auf Samtpfoten aufhorchen.
Laura Mvula „Sing To The Moon“:
Die talentierte
Debütantin glänzt mit einem ganz und gar eigenwil-
ligen Orchesterpop.
Allan Taylor „All Is One“:
Ein berührendes Alters-
werk des englischen Folkmusikers, das im Stock-
fisch-Studio zum Hörvergnügen für Genießer ver-
edelt wurde.
Bottleneck John „All Around Man“:
Auf seinem
klanglich hochwertig produzierten SACD-Einstand
beim Label Opus
3
musiziert der Schwede einen ge-
wollt altmodischen Akustikblues.
Die nach wie vor grassierende Seuche der TV-Cas-
tingshows, die längst zur reinen Gelddruckmaschine
verkommen ist. Förderung junger Musiktalente?
Fehlanzeige!
Seit drei Jahren angekündigt und immer wieder verscho-
ben: „Only Forever“ von Anita Baker. Anzeichen deuten
darauf hin, dass es bald so weit sein könnte. Endlich!
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Tilman Urbach
1. Wayne Shorter Quartet „Without A Net“ (g):
Jazz als Improvisation. Keiner spielt so konse-
quent ohne Netz wie der Meister des Saxofons.
2 . Joe Lovano „Cross Culture“ (h):
Bleibt dem
Post-Bop treu und macht akustische Ausflüge
nach Afrika und in die Karibik. Rau im Ton, voller
Schönheit.
3 . Eivind Aarset „Dream Logic“:
Kaum Singleno-
tes auf der Gitarre, dafür ein Fließen, ein einziges
Klangereignis, das den Hörer umhüllt.
4 . Ernst Reijseger „Down Deep“:
Weltmusik vom
Feinsten. Musik ohne Koordinaten. Trotzdem
schimmern Reijsegers europäisch romantische
Wurzeln durch.
5 . Arne Jansen „The Sleep Of The Reason“:
Großer Geschichtenerzähler an den sechs Saiten,
der Goyas Bilder als optischen Strom musikalisch
umsetzt.
6 . Rez Abbasi „Continuous Beat“:
Indien mitten
in New York. Schöne Trio-Arbeit, die den Jazz als
moderne kosmopolitische Sprache outet.
7 . Erika Stucky „Black Widow“:
Große Stimme,
großes Potenzial. Hochmusikalischer Streifzug
durch Pop, Jazz und Rock.
8 . Samuel Blaser Quartett „As The Sea“:
Kom-
promisslos frei vorangetriebene Ensemblearbeit,
in deren Mitte Blasers Posaune erstrahlt.
9 . Craig Taborn Trio „Chants“:
Eine Aufnahme,
die das überbeanspruchte Genre des Piano Trios
mit einem Schlag rehabilitiert.
10. Gerry Allen „Grand River Crossings“:
In Tö-
ne gegossene Erinnerung: Die Grande Dame des
Jazzpianos erinnert sich an die Motown-Zeit.
Vincent Peirani „Thrill Box“:
Setzt das Akkor-
deon unter Feuer und nimmt sich ungeniert von
überall etwas. Französische Musette, Monks Jazz
und amerikanischer Folk feiern auf Augenhöhe
ihre Musikalität.
Ebene Null „Wandertrieb“:
Junge Band, junge
Musik. Jazz mal sehnsüchtig, mal zupackend. Im-
mer hellwach.
Helge Sunde Ensemble Denada „Windfall“:
Orchestrale Wucht, sensibel aufgefächert aufge-
nommen im Sendesaal des Bremer Rundfunks.
Gemixt und aufbereitet von Helge Sunde und Jan
Erik Kongshaug im Kultstudio in Oslo.
Joshua Redman, der es auf einmal nötig hat, mit
Streichorchester nostalgisch zu werden, und im
Windschatten dazu alle, die ihre Finger nicht vom
getunten Retro lassen können.
Dass sich die immer wankelmütigeren Major La-
bels wieder mehr um den Jazz kümmern, statt ihn
in die Nische zu drücken.
Bj0rn Woll
1. Vivaldi, Mozart u. a., Solomotetten;
Julia Lezhneva (i)
(Decca): Ein Wunder an techni-
scher Perfektion und beseeltem Singen.
2 . Wagner, Arien; Jonas Kaufmann (j)
(Decca):
Eine Stimme wie eine Naturgewalt.
3 . Bach, h-Moll-Messe; Le Concert des Nations,
Jordi Savall
(Alia Vox): Ergreifende Aufnahme des
Bach’schen Meisterwerkes.
4 . Verdi, Arien; Piotr Beczala
(Orfeo): Einer der
besten Tenöre unserer Tage.
5 . Bach, Kantate BWV 199, Brandenburgisches
Konzert Nr. 4; Lorraine Hunt Lieberson, Los Ange-
les Chamber Orchestra, Jeffrey Kahane
(Yarlung):
Vor allem wegen der bewegenden Interpretation
von Lorraine Hunt.
6 . Tabakova, String Paths, Werke für Streicher;
Lihuanian Chamber Orchestra u. a.
(ECM):
Nicht nur im Cellokonzert gibt es ergreifende Melo-
dien von überwältigender Schönheit.
7 . Bellini, Norma; Cecilia Bartoli u. a., Orchestra
La Scintilla, Giovanni Antonini
(Decca): Nicht heroi-
nenhaft, sondern mit feinen klanglichen Nuancen
entwirft Bartoli ein Porträt der Druidenpriesterin.
8 . Dame Janet Baker - The Great EMI Recordings;
div. Solisten und Orchester (Warner):
Die Box
bewahrt das Andenken an eine Ausnahmesängerin.
9 . Wagner At The Met - Legendary Performances
From The Metropolitan Opera; div. Interpreten
(Sony):
Auf
25
CDs kann man Sänger aus der gol-
denen Ära des Wagner-Gesangs erleben.
10. Porpora, Arien für Farinelli;
Philippe Jaroussky (Erato):
Eine Stimme, die einen
zu den Engeln schickt.
Die junge
Julia Lezhneva
, die mich im Konzert und
auf CD einfach umgehauen hat. Keine Platte lief in
diesem Jahr so oft wie ihre. Lezhneva quasi in Dau-
erschleife - und man wird es nicht müde!
Bach, Matthäus-Passion; Werner GUra, Sunhae Im
u. a., RIAS-Kammerchor, Akademie fUr Alte Musik
Berlin, René Jacobs (Harmonia mundi):
Dank der
Verteilung der Chöre im Raum wird Bachs Passion
zu einem völlig neuen Hörerlebnis.
Während es zu Wagner immerhin einige gute
Veröffentlichungen gab, hat das Verdi-Jahr kaum
Spuren hinterlassen. Schade eigentlich!
Kluge Köpfe, die an der Vermittlung klassischer
Musik arbeiten. Denn Kultur ist kein Luxus, sondern
essentieller Bestandteil unserer Existenz.
1/2014 STEREO 143